Fachkräftemangel: die unterschätzte Bedrohung für die Wirtschaft

Den Fachkräftemangel verstehen: Ursachen, Auswirkungen und Handlungsoptionen für Unternehmen.

Eine Geschichte als Einleitung zum Thema Fachkräftemangel

In einem kleinen Industriebetrieb herrscht schon seit einiger Zeit Unruhe.

Der Betrieb hat sich spezialisiert auf die Herstellung medizinischer Geräte. Aber es gibt Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen.

Mit der Nachfrage an den Produkten hat das Unternehmen keine Probleme.

Diese steigt nach wie vor. Aber es gibt Probleme mit der termingerechten Fertigung und Lieferung. Denn es fehlen einfach qualifizierte Fachkräfte.

Die Geschäftsführerin, Frau Müller, steht vor einem Dilemma. Trotz intensiver Bemühungen und großzügigen Angeboten findet das Unternehmen einfach keine geeigneten Mitarbeiter.

Die Folge: Verzögerungen bei der Auftragsabwicklung und unzufriedene Kunden. Und die beginnen bereits, sich nach Alternativen umzusehen.

Eine Katastrophe bahnt sich an. Ändert sich in der nächsten Zeit nichts, fallen auch noch die Aufträge weg.

Und dann hat Frau Müller erst recht ein Problem.

Eines Tages erhält sie einen Anruf von einem langjährigen Kunden. Dieser teilt ihr mit, dass er seine Geschäftsbeziehung mit ihrem Betrieb leider beenden müsse, da die Lieferverzögerungen nicht mehr tragbar seien.

Entmutigt und besorgt um die Zukunft ihres Unternehmens, wendet sich Frau Müller an eine lokale Arbeitsagentur, um Rat zu suchen.

Dort erfährt sie von anderen Unternehmen in der Region, die ähnliche Probleme haben. Der Mangel an qualifizierten Fachkräften in den technischen Berufen hat sich zu einem ernsthaften Engpass entwickelt, der nicht nur einzelne Unternehmen, sondern die gesamte Wirtschaft der Region bedroht.

Sie fragt sich, wie das sein kann in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit.

Diese Geschichte illustriert die realen Auswirkungen des Fachkräftemangels auf Unternehmen. Trotz Innovationen kann das Unternehmen nicht sein volles Potenzial entfalten, da es an qualifizierten Mitarbeitern mangelt.

Und die Geschichte verdeutlicht ein anderes Problem. Es gibt einfach keine vernünftige Herangehensweise und langfristige Lösungen.

Der Fachkräftemangel: inzwischen drängt es nach Lösungen

Der Fachkräftemangel in Deutschland ist zu einem drängenden Problem geworden, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) sowie im Gesundheitswesen.

Diese Unternehmen haben Probleme, offene Stellen mit qualifizierten Fachkräften zu besetzen, um ihre Geschäftsabläufe aufrechtzuerhalten.

Und um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Besonders in Süddeutschland und den neuen Bundesländern spitzt sich die Lage zu. Hier haben Unternehmen vermehrt Schwierigkeiten, geeignete Mitarbeiter zu finden.

Noch ist es kein flächendeckendes Problem. Aber das kann sich ändern.

Der Fachkräftemangel hat weitreichende Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Verzögerungen bei der Auftragsabwicklung und der mögliche Verlust von Aufträgen sind die Folgen.

Leider bedrohen diese Folgen die Unternehmen und deren Existenz immer stärker.

Und es sind nicht nur finanzielle Auswirkungen, die eine Rolle spielen. Der Fachkräftemangel hemmt auch langfristiges Wachstum der Firmen und ist eine regelrechte Innovationsbremse.

Es gibt verschiedene Gründe für den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften.

Aber es gibt auch verschiedene Lösungsansätze, um diesem Problem zu begegnen.

Dabei ist das Problem des Fachkräftemangels an sich nicht einmal neu:

Kein neues Problem: der Fachkräftemangel in Deutschland

Der Fachkräftemangel ist in Deutschland kein neues Phänomen. Nur seine Auswirkungen sind inzwischen deutlich spürbar.

Besonders betroffen sind soziale Bereiche, technische Berufe sowie das Gesundheitswesen. Alleine in der Pflege fehlen aktuell zehntausende qualifizierte Kräfte.

Und das gilt trotz einer Gesamtsituation auf dem Arbeitsmarkt, in der Arbeitskräfte durchaus vorhanden sind. Nur leider solche ohne die entsprechende Qualifikation.

Insbesondere in Süddeutschland und den neuen Bundesländern verschärft sich die Lage immer mehr. Und das gilt nicht nur für die Pflege, sondern auch für technische Bereiche.

Die Unternehmen haben große Schwierigkeiten, offene Positionen zu besetzen.

Eine Umfrage unter Unternehmen zeigt, dass mehr als die Hälfte von ihnen den Fachkräftemangel als die größte Gefahr für ihre Geschäftsentwicklung betrachtet.

Es gibt Schwierigkeiten, geeignete Kandidaten für Positionen in Schlüsselbereichen wie der Kfz-Technik, der Elektronik, IT- und Medizintechnik zu finden.

Wo liegen die Ursachen für den Fachkräftemangel in Deutschland, vor allem in den betroffenen Gebieten?

Diese sind vielschichtig.

Da ist die Rede von demografischen Veränderungen. Die Bevölkerung altert, und immer weniger junge Menschen stehen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung.

Ein weiteres Problem ist die Ausbildung:

Fehlender Nachwuchs und die Ausbildung

Die Bildungssysteme und Ausbildungswege konnten nicht immer Schritt halten mit den Anforderungen des modernen Arbeitsmarktes.

Schon seit einiger Zeit gibt es eine Diskrepanz zwischen den in der Ausbildung erworbenen Fähigkeiten und den aktuellen Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt. Das betrifft die schulische Ausbildung ebenso wie die akademische Ausbildung.

Und es gibt noch ein weiteres Problem:

Jahr für Jahr verlassen deutlich mehr als 20.000 Schüler die Schule ohne gültigen Abschluss. Ein Großteil der Arbeitnehmer hat keinen beruflichen oder hochschulischen Bildungsabschluss und erfüllt damit nicht die Voraussetzungen, um in den Bereichen Arbeit zu finden, in denen der Fachkräftemangel herrscht.

Die Folge ist eine hohe Arbeitslosigkeit bei gleichzeitigem Mangel an ausgebildeten Fachkräften. Und dabei könnten diese bei sprechender Förderung und Ausbildung ohne Probleme eine neue Tätigkeit finden.

Und wie sieht es mit den entsprechend ausgebildeten Fachkräften aus?

Viele von ihnen verlassen Deutschland, um im Ausland attraktive berufliche Möglichkeiten zu finden. Oder sie sind bereits vor Jahren ausgewandert.

Die Folgen des Fachkräftemangels für die Wirtschaft sind erheblich:

Unternehmen leiden unter Einbußen und mangelnder Wettbewerbsfähigkeit aufgrund von Personalmangel. Besonders kleine und mittelständische Unternehmen haben oft nicht die Ressourcen, um mit großen Konzernen zu konkurrieren.

Sie sind deshalb besonders anfällig für die negativen Auswirkungen des Fachkräftemangels.

Fachkräftemangel in der Industrie

Unterschied zwischen Arbeitskräftemangel und Fachkräftemangel

Um das Phänomen des Fachkräftemangels besser zu verstehen, schauen Sie auf das Modell von  Angebot und Nachfrage.

Bei einem Fachkräftemangel übersteigt die Nachfrage nach Fachkräften das vorhandene Angebot. Dies führt zu unbesetzten Stellen auf dem Arbeitsmarkt.

Die Folge ist der Mangel. Wenn dieser Fachkräftemangel nur vorübergehend besteht, sprechen wir von einem Fachkräfteengpass.

Verwechseln Sie aber nicht die Begriffe Arbeitskräftemangel und Fachkräftemangel. Diese sollten Sie nicht gleichsetzen.

Denn beim Arbeitskräftemangel wäre die Nachfrage nach Arbeitskräften höher als das verfügbare Angebot auf dem Markt. Das bezieht sich jedoch auf Menschen ohne spezifische Qualifikationen.

Und das ist ein wichtiger Unterschied.

Die Ursachen des Fachkräftemangels führen uns direkt zur Corona-Krise, die zu einem Anstieg der Arbeitslosenquote geführt hat.

Da von der Krise aber nicht nur Fachkräfte betroffen sind, wird der Fachkräftemangel dadurch nicht gelöst. Man könnte schnell annehmen, dass der Fachkräftemangel aufgrund der steigenden Zahl arbeitssuchender Menschen sinken müsste.

Das stimmt aber so nicht, denn:

Der Fachkräftemangel entsteht nicht aufgrund von zu wenigen Arbeitsuchenden, sondern aufgrund von unbesetzten Stellen, für die kein qualifiziertes Personal gefunden werden kann.

Aber nicht jede arbeitssuchende Person verfügt über die spezifischen Qualifikationen, die für die Stelle erforderlich sind. Und aus diesem Grund kann ein Fachkräftemangel trotz hoher Arbeitslosigkeit entstehen. Das kommt daher, dass Arbeitslose möglicherweise nicht über die erforderlichen Qualifikationen verfügen, um den Mangel zu beheben, also die vakanten Stellen zu besetzen.

Die Auswirkungen des Fachkräftemangels

Oft führt der Fachkräftemangel zu einem höheren Arbeitsdruck für das angestellte Personal – und oft leider auch zu schlechteren Arbeitsbedingungen.

Es ist ein Widerspruch:

Einerseits fehlen die Fachkräfte, und die Mitarbeiter müssen viele Überstunden machen. Andererseits gibt es eine hohe Arbeitslosenzahl. Und das liegt daran, dass die Leute aus den eben genannten Gründen nicht beschäftigt werden können.

Hier sind einige weitere Auswirkungen auf den Mittelstand:

  • Für die Unternehmen steigt der Aufwand, an fachlich geeignete Mitarbeiter zu kommen (Mitarbeiterrekrutierung).
  • Die im Unternehmen Beschäftigten müssen mehr leisten, meist in Form von Überstunden. Das führt zu mehr Stress und Fluktuation.
  • Steigende Arbeitskosten führen dazu, dass die Gewinne der Unternehmen geringer werden.
  • Außerdem wirken sich die gestiegenen Arbeitskosten auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen aus.
  • Aufträge können entweder nicht fristgemäß ausgeführt oder wegen Arbeitskräftemangel erst gar nicht angenommen werden.
  • Oft gibt es auch Probleme, neue Projekte im Zuge der Digitalisierung der Unternehmen umzusetzen, nicht zuletzt wegen Mangel an qualifizierten Mitarbeitern.

Einige der Unternehmen haben Schwierigkeiten, mit dem Personalengpass umzugehen und den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten. Das gilt besonders in der Industrie und im Bauwesen. In beiden Branchen ist das Personal stark gefordert. Aber auch im Handel und in den Dienstleistungsunternehmen müssen Mitarbeiter inzwischen mehr leisten als üblich.

Einige Branchen sind besonders betroffen

Bestimmte Branchen wie die Gesundheitsbranche, das Gastgewerbe und Reinigungsdienste sind besonders betroffen. Das liegt daran, dass es dort oft an Fachkräften fehlt und bestimmte Aufgaben nicht verschoben werden können.

Auch in den sogenannten MINT-Berufen (Mathematik, Ingenieur, Naturwissenschaften und Technik) herrscht ein starker Fachkräftemangel. Besonders stark betroffen sollen hier die Maschinen- und Fahrzeugtechnik sein sowie einige Sparten der metallverarbeitenden Berufe.

In großen Unternehmen ist der Anteil derjenigen, die eine Mehrbelastung erwarten, höher als in kleinen Unternehmen. In den großen Unternehmen beauftragt man die Mitarbeiter, die zusätzliche Arbeit zu übernehmen.

Die zusätzliche Arbeitszeit wird in Form von Überstundenkonten gutgeschrieben oder zusätzlich vergütet. Das funktioniert in kleineren Firmen nicht immer. Diese Unternehmen müssen manchmal Aufträge ablehnen, weil ihnen das Personal fehlt.

Die Anzahl der Unternehmen, die mit einer zusätzlichen Belastung ihrer Belegschaft rechnen, ist in den letzten Jahren etwa gleich geblieben. Weder Neueinstellungen vor der Corona-Pandemie noch der geringere Druck aufgrund von Personalengpässen während der Pandemie haben daran viel geändert. Daher sind weitere Maßnahmen zur Sicherung von Fachkräften erforderlich, um die Belastung der Mitarbeiter zu verringern.

Es gibt aber noch ein weiteres Problem:

Die Jobs, in denen die Mitarbeiter mit solch starken beruflichen Belastungen rechnen müssen, sind nicht gerade beliebter geworden. Auch das trägt dazu bei, dass es weitere Engpässe bei den Fachkräften gibt.

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Was der demografische Wandel mit dem Fachkräftemangel zu tun hat

Der demografische Wandel und die Abnahme der EU-Migration verschärfen die Situation in Deutschland zusätzlich. Doch wie kommt das?

Die niedrige Geburtenrate in Deutschland führt zu einem Nachwuchsproblem und verschärft damit den Mangel an qualifizierten Leuten.

Und das Ganze könnte in den kommenden Jahren sogar noch schlimmer werden.

Warum?

Das ist dann der Fall, wenn ab etwa 2030 viele Fachkräfte aus den geburtenstarken Jahrgängen der 1960er Jahre in Rente gehen und somit auf dem Arbeitsmarkt fehlen.

Prognosen vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung besagen, dass es in den nächsten Jahren noch weniger gut ausgebildete Arbeitskräfte geben wird.

Natürlich gibt es unterschiedliche Szenarien auf dem gesamten Arbeitsmarkt. Aber dennoch ist ein klarer negativer Trend erkennbar.

Und der betrifft besonders die neuen Bundesländer. Denn hier ist der Anteil der Arbeitnehmer über 50 Jahre besonders hoch.

Neben den Menschen, die schon in Deutschland leben und arbeiten, haben auch Leute aus anderen europäischen Ländern dabei geholfen, die Lücken an Fachkräften zu füllen. Aber in den letzten Jahren ist die Anzahl der Leute, die aus EU-Ländern nach Deutschland kommen, wieder gesunken.

Zwischen 2015 und 2019 lag dieser Rückgang bei fast 60 Prozent. Und es sieht so aus, als würde dieser Trend so weitergehen. Das bedeutet, dass die Leute, die innerhalb der EU umziehen, wahrscheinlich nicht ausreichen werden, um das Problem mit  dem Fachkräftemangel zu lösen.

Stattdessen wird sich das Problem noch weiter verschärfen.

Wie „misst“ man eigentlich einen Fachkräftemangel?

In den Medien wird der Fachkräftemangel in Deutschland seit Langem intensiv diskutiert und oft als Bedrohung für die Wirtschaft dargestellt. Man hört vom Fachkräftemangel als Jobkiller und einer regelrechten Personaljagd in einigen Branchen. Doch ist diese Situation wirklich so bedrohlich?

Das Bundesministerium für Wirtschaft erkennt die „Sicherung des Fachkräftebedarfs“ als eine der großen Herausforderungen für die kommenden Jahre an. Es spricht aber nicht von einem landesweiten Fachkräftemangel, sondern von einem dringenden Handlungsbedarf in bestimmten Bereichen und Regionen.

Zumindest im Moment noch …

Eine solide Basis an Fachkräften ist jedoch wichtig, um den Wirtschaftsstandort Deutschland auch langfristig zu sichern. Arbeitsmarktexperten sprechen aber eher von Fachkräfteengpässen als von einem generellen Mangel an Fachkräften.

Doch wie stellt man den Fachkräftemangel fest und wie misst man ihn?

Hierzu gibt es eine wichtige Kennzahl zur Analyse: die sogenannte Vakanzzeit. Diese gibt an, wie lange es dauert, eine offene Stelle zu besetzen, nachdem sie ausgeschrieben wurde.

In Deutschland steigt die Vakanzzeit in den Fachbereichen seit über zehn Jahren kontinuierlich an. So hat sie sich in den Jahren zwischen 2007 und 2019 schon mehr als verdoppelt. Wir sprechen hier im Jahr 2019 schon über Zeiten von etwa 130 Tagen, also mehr als vier Monate. Solche langen Vakanzzeiten sind nicht nur unproduktiv für Unternehmen, sondern auch eine sehr hohe finanzielle Belastung.

Es gibt einige Engpassberufe, bei denen es mehr offene Stellen als qualifizierte Arbeitslose gibt. Dies deutet auf Fachkräfteengpässe in immer mehr Branchen hin. Die Unternehmen stehen unter Druck, neue Fachkräfte zu gewinnen.

Weitere Gründe für den Fachkräftemangel

Es gibt eine internationale Konkurrenz und attraktive Jobmärkte.

Was bedeutet das?

Gut ausgebildete Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in gefragten Branchen haben oft die Qual der Wahl, wenn es um ihre Jobs geht.

Besonders in der globalisierten IT-Industrie konkurrieren deutsche Mittelstandsunternehmen mit internationalen Rivalen – und verlieren dabei häufig. Immer mehr deutsche Fachkräfte erwägen eine Karriere im Ausland.

Auch der Wandel in der Ausbildung spielt eine Rolle.

Die duale Ausbildung war lange Zeit ein Erfolgsmodell in Deutschland. Aber jetzt steckt sie in einer Krise. Die betriebliche Ausbildung mit Berufsschule ist immer unbeliebter geworden. Immer mehr Schulabgänger entscheiden sich stattdessen für ein Studium.

Und heute interessieren sich weniger junge Menschen für Berufe, die eine Ausbildung erfordern. Die Nachfrage nach dualen Ausbildungsplätzen erreichte 2020 einen Tiefpunkt.

Viele traditionelle Berufe leiden deshalb unter einem schlechten Image, insbesondere im Handwerk und in der Pflege.

Und dann gibt es noch die Herausforderungen durch Technologie und Digitalisierung:

Die fortschreitende Digitalisierung führt ebenfalls zu einem verstärkten Fachkräftemangel. Neue Berufsbilder entstehen, die spezialisiertes Fachwissen erfordern. Und das können viele Arbeitnehmer nicht bieten.

Neue technologische Entwicklungen erfordern immer mehr Spezialisierung und ganz neue Fachkenntnisse. Denken Sie nur an den zunehmenden Einsatz von datenbasierenden Technologien oder künstlicher Intelligenz.

Ältere Arbeitnehmer haben ein Problem – immer noch

Trotz des Fachkräftemangels haben ältere Arbeitnehmer oft auf Schwierigkeiten bei der Jobsuche. Auch heute noch.

Für die Unternehmen ist das eine verpasste Chance.

Die Situation ist paradox:

Die Unternehmen klagen seit Jahren über einen Mangel an Fachkräften. Man könnte annehmen, dass erfahrene Berufstätige leicht eine neue Stelle finden könnten.

In Wirklichkeit sieht das aber ganz anders aus.

Einerseits gibt es hochqualifizierte Fachkräfte, die gefragt sind. Andererseits haben diese Menschen große Probleme, eine Anstellung zu finden.

Denn sie haben ein Problem: ihr Alter.

Es ist schon vorgeschlagen worden, das Rentenalter zu erhöhen. Ob die Menschen das immer wollen, steht aber auf einem anderen Blatt.

Außerdem müssen ältere Arbeitnehmer von den Arbeitgebern auch gewollt werden. Und das ist nicht immer so.

Einige ältere Arbeitnehmer sind zufrieden damit, wenn sie frühzeitig in den Ruhestand gehen oder ihre Arbeitszeit reduzieren können. Andere möchten und müssen jedoch weiterhin arbeiten. Und solange sie bei ihrem Arbeitgeber bleiben, ist dies meistens kein Problem.

Probleme gibt es erst bei Entlassung und der Stellensuche.

Bei Stellenausschreibungen werden Bewerbungen älterer Kandidaten oft bereits aussortiert, bevor man ihren Lebenslauf überhaupt näher ansieht. In vielen Fällen spielen die Personalabteilungen eine fragwürdige Rolle dabei.

Einige Angestellte in der Personalabteilung geben sogar ganz unverblümt zu, dass das Alter über Einstellung oder Absage entscheidet.

Viele Personalabteilungen scheuen aber davor zurück, das Alter als Grund für eine Absage anzugeben. Man kann also nicht erwarten, hier immer eine ehrliche Antwort zu erhalten.

Es gibt immer noch Vorurteile bei der Auswahl von Bewerbern, die das Alter betreffen.

Man sieht das Geburtsjahr und winkt ab. Dabei spielen gewisse Vorurteile eine Rolle:

Ältere Mitarbeiter seien veränderungs- oder sogar beratungsresistent, könnten nicht mit Stress umgehen und seien weniger lernfähig als die jüngeren.

Es mag zwar Menschen geben, auf die diese Beschreibungen zutreffen. Aber ob das immer mit dem Alter zu tun hat, ist fraglich. Oft ist es mehr die Persönlichkeit.

Es ist sogar wissenschaftlich erwiesen, dass ältere Mitarbeiter nicht generell innovationsfeindlicher sind als jüngere.

Doch zurück zum Thema und einem weiteren Punkt:

Sorgen wegen steigender Arbeitskosten

Die meisten Unternehmen machen sich Gedanken über höhere Ausgaben, um neue Fachkräfte einzustellen oder um ihr Personal im Betrieb zu halten.

Besonders in der Industrie erwarten viele Unternehmen, dass die Kosten stark ansteigen.

Verglichen mit anderen Ländern in der EU sind die Arbeitskosten in der deutschen Industrie momentan recht hoch. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit.

Die Arbeitskosten werden wieder wichtiger für Unternehmen. Und das nicht nur wegen des Fachkräftemangels. Einige sehen darin ein Risiko für ihr Geschäft, besonders nachdem dieser Wert während der Pandemie zeitweise gesunken war.

Aber um Fachkräfte anzulocken, ist ein attraktives Gehalt wichtig. Auch der Bewerbungsprozess und Maßnahmen, um als Arbeitgeber attraktiv zu sein, kosten Geld. Dazu gehört zum Beispiel die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten. Und die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland und deren Integration in den Betrieb können sehr hohe Kosten verursachen.

Besonders betroffen von steigenden Arbeitskosten durch Engpässe sind der Maschinenbau, die Herstellung elektrischer Ausrüstungen, Lagerung und Transport, Metallerzeugung, Sicherheitswirtschaft und Hersteller von Gebrauchsgütern.

Ist Abhilfe schon in Sicht?

Es ist wichtig, zu handeln, um die zukünftigen Anforderungen mit einer starken Basis an Fachkräften bewältigen zu können. Deshalb unterstützt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung. Dieses hilft kleinen und mittleren Unternehmen dabei, Fachkräfte zu finden, zu halten und weiterzubilden.

Es gibt schon verschiedene Maßnahmen seitens der Bundesregierung, um dieser Herausforderung zu begegnen. Bereits Ende 2018 hat sie ihre Strategie zur Sicherung von Fachkräften vorgestellt. Dabei soll die Erwerbsbeteiligung erhöht werden, indem Frauen und ältere Menschen stärker in das Arbeitsleben integriert werden.

Auch die Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland wird gefördert, ebenso die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt. Die Bundesregierung unterstützt Unternehmen zudem dabei, die Vorteile einer vielfältigen Belegschaft zu nutzen, die aus Menschen unterschiedlichen Geschlechts, Alters, Herkunft und mit verschiedenen Fähigkeiten besteht.

Wie weit das in der Praxis funktioniert, muss sich allerdings erst noch zeigen.

Moderne Technologien und die Digitalisierung

Welche Bedeutung haben moderne Technologien und Digitalisierung im Zusammenhang mit dem Fachkräftemangel?

Der Fortschritt in der Technologie erfordert von den Fachkräften, dass sie sich ständig mit neuen Technologien befassen und ihre Fähigkeiten sowie Kenntnisse erweitern.

Durch die Digitalisierung entstehen ganz neue Berufsfelder in Bereichen wie IT, Datenanalyse und E-Commerce. Das bietet neue Chancen für Fachkräfte, bringt aber auch neue Herausforderungen mit sich. Da wäre zum Beispiel die Notwendigkeit spezifischer digitaler Fähigkeiten und Kenntnisse.

Der Mangel an Fachkräften kann sich verschieben, da die Nachfrage nach technisch versierten Arbeitskräften steigt. Oft ist es notwendig, bestehende Arbeitskräfte umzuschulen, um den Anforderungen der digitalen Arbeitswelt gerecht zu werden. Das erfordert Investitionen in Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen.

Das funktioniert aber nicht immer.

So kann es sein, dass Unternehmen aufgrund des Fachkräftemangels ihre Wachstums- und Expansionspläne gar nicht umsetzen können.

Wenn die Unternehmen nicht über ausreichend Personal verfügen, um neue Projekte anzugehen oder in neue Märkte vorzudringen, könnten sie wichtige Marktchancen verpassen und ihre langfristige Wettbewerbsfähigkeit gefährden.

Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass Unternehmen, die nicht rechtzeitig auf den Fachkräftemangel reagieren, von ihren Wettbewerbern überholt werden. Es ist also gar nicht so einfach, moderne Technologien erfolgreich einzusetzen und die Digitalisierung als Chance zu nutzen.

Digitalisierung als Chance für die Unternehmen

Lösungsansätze für den Mangel an Fachkräften

Die Bedrohung durch den Fachkräftemangel betrifft über die Hälfte der deutschen Unternehmen. Um das Problem zu lösen, müssen sich Politik, Wirtschaft und Wissenschaft anstrengen.

Es gibt verschiedene Lösungen und Maßnahmen, um Engpässe bei Fachkräften zu bewältigen oder gar nicht erst entstehen zu lassen. Das vom Bundeswirtschaftsministerium unterstützte Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung spielt hierbei eine wichtige Rolle. Seine Hauptaufgabe besteht darin, Fachkräfte für kleine und mittlere Unternehmen zu finden, zu halten und zu qualifizieren.

Dazu ist es aber wichtig, ungenutzte Ressourcen auf dem Arbeitsmarkt zu erschließen. Dazu gehört die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Viele Beschäftigte sind in der Vergangenheit in Frührente gegangen. Auch das hat zu einem Verlust an qualifizierten Kräften geführt.

Die Zuwanderung von Fachkräften spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Es ist wichtig, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu verbessern, um gezielt Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben und zu integrieren. Ebenso ist die Inklusion von Menschen mit Behinderung wichtig. Viele von ihnen können und wollen gerne arbeiten. Einige von ihnen sind sogar überdurchschnittlich qualifiziert.

Großes Potenzial gibt es bei der Entwicklung hybrider Arbeitsmodelle, die besonders während der Corona-Krise an Bedeutung gewonnen haben.

Die Zeiten, in denen die Unternehmen nur auf Bewerber warten mussten und auswählen konnten, sind längst Vergangenheit. Aktives Recruiting und ein respektvoller Umgang mit potenziellen Fachkräften sind heute wichtig.

Stattdessen handeln einige Unternehmen wie zu Zeiten des Überschusses. Sie schicken nach wie vor Standardabsagen und es gibt im Bewerbungsprozess lange Zeiten der Stille oder gar keine Rückmeldungen, wenn Bewerbungen eingehen.

Unternehmen, die offen und flexibel mit ihren Mitarbeitern umgehen, haben bessere Chancen, auch zukünftig qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen.

Weitere Möglichkeiten

Gezielte Rekrutierung und Employer Branding sind heute wichtig.

Kurz ein paar Worte zum Begriff Employer Branding:

Es geht darum, das Unternehmen nicht nur für die Kunden, sondern auch für die Arbeitnehmer attraktiv darzustellen.

Es ist wie in der Werbung – eine unternehmensstrategische Maßnahme. Heben Sie sich als Unternehmen (und vor allem als Arbeitgeber) von anderen Wettbewerbern am Markt positiv ab.

Eine weitere Chance besteht darin, die Stellenanzeigen mehr auf spezialisierten Jobportalen zu veröffentlichen, Karrieremessen zu besuchen und Kooperationen mit Bildungseinrichtungen einzugehen.

Auch hierbei ist es wichtig, eine starke Arbeitgebermarke aufzubauen, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren und talentierte Fachkräfte anzulocken.

Außerdem:

Weiterbildungsprogramme, Schulungen und Entwicklungsmöglichkeiten machen es den Mitarbeitern möglich, sich beruflich weiterzuentwickeln und neue Kompetenzen zu erhalten. Das hilft beiden Seiten.

Viele Unternehmen haben schon zu Zeiten von Corona flexible Arbeitsmodelle eingeführt. Dazu gehören Teilzeit-, Remote- oder Jobsharing-Optionen. Dabei geht es nicht nur darum, Beruf und Familie besser zu vereinen und eine bessere Work-Life-Balance für die Mitarbeiter zu schaffen. Außerdem hilft es, um qualifizierte Fachkräfte anzulocken, die nach flexibleren Arbeitsbedingungen suchen.

Oft gehen Unternehmen Partnerschaften mit anderen Unternehmen, Bildungseinrichtungen oder Arbeitsagenturen ein, um den Zugang zu potenziellen Kandidaten zu erleichtern und von gemeinsamen Ressourcen und Erfahrungen zu profitieren.

Durch den Aufbau eines starken Netzwerks können die Unternehmen so ihre Reichweite auf dem Arbeitsmarkt erweitern und qualifizierte Fachkräfte finden, die möglicherweise nicht aktiv auf Jobsuche sind.

Vieles wird bereits umgesetzt

Viele der Unternehmen haben schon auf die aktuelle Situation reagiert und selber Lösungen und Strategien entwickelt. Große Hoffnungen setzt man dabei auf Aus- und Weiterbildungen bei den bereits Angestellten. Aber auch in die Umschulung von geeigneten Quereinsteigern investiert man inzwischen.

Diese Nachqualifizierungen sind in vielen Betrieb bereits Normalität.

Auch Flexibilität wird inzwischen groß geschrieben. Weg von den alten und starren Regeln fester Arbeitszeiten, Pausen und Schichten, hin zu mehr Flexibilität. Leider geht das aber oft zulasten der Produktivität und führt zu mehr Lohnkosten.

Das Homeoffice sieht man oft noch sehr skeptisch, zumindest als dauerhafte Lösung. Viele kleinere Unternehmen oder Familienbetriebe setzen aber bereits darauf, und das sehr erfolgreich. Aber es gibt hier noch viel Steigerungspotenzial.

Schlussfolgerung

Auch wenn man in den Unternehmen viele Dinge bereits erfolgreich umsetzt, gibt es noch einen großen Handlungsbedarf. Viele der Lösungen stecken noch in den Kinderschuhen. Vor allem fallen Fachkräfte aus den älteren Jahrgängen weg.

Der geeignete Nachwuchs fehlt dagegen.

Und dieses Problem wird in den nächsten Jahren eher größer als kleiner.

Es ist also noch viel Anstrengung nötig. Unternehmen, Regierung, Bildungseinrichtungen und Arbeitsagenturen sollten mehr zusammenarbeiten. Fehlen in einer Branche die Fachkräfte, sind die Unternehmen gefragt. Politik und Bildung brauchen meistens einfach zu lange, um auf Veränderungen und damit verbundene Ansprüche an den Arbeitsmarkt zu reagieren.

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